Update: Die Legenden von Grünhain - Kleefee und Kaninchenritter Kapitel 4.1.
Seid gegrüßt, verehrte (-r) Anonymous!
Heute gibt es Kapitel 4.1. meines Projektes "Die Legenden von Grünhain - Kleefee und Kaninchenritter".
Falls es hier Leser*innen gibt, die Feedback geben wollen, gerne bitte per Mail an haschi1979@web.de.
Viel Vergnügen beim Lesen!
Kapitel 4.1
Entschlossenheit Teil 1
Ich wachte schon mit einem ungewohnt traurig dumpfen Gefühl im Kopf auf. Bestimmt hatte ich irgendwas Dummes geträumt. Ich setzte mich langsam auf und bemerkte, dass ich leichte Kopfschmerzen hatte. Stöhnend torkelte ich zum Fenster, um frische Luft reinzulassen. Die Sonne schien und der klare Duft des Klees zog lockend an mir vorbei, irgendwo zwitscherten ein paar Vögel. Ein leichter Wind kam auf und schien mich zu rufen Komm, komm raus und spiel mit mir!... Ich musste heute dringend raus, am besten auf die Kleekoppel zu Primm, meiner Kampfhummel. Dieses Tier war die weiseste Kreatur, die mir je begegnet war. Gelassen, geduldig, aber wenn es darauf ankam, immer zur Stelle. Ich wollte mit ihr ein paar Blütenumdrehungen ausreiten, bis ich wieder klar denken konnte. Keinesfalls wollte ich heute im Schloss sitzen bleiben und Däumchen drehen. Dieses Gebäude nahm mir regelrecht die Luft und das gefiel mir nicht. Ich ließ das Fenster offen stehen, schlüpfte hastig aus meinem Nachtgewand, klaubte mir meine Uniform zusammen und zog mich an. Gerade als ich zur Tür raus wollte, klopfte es. Ich hielt inne und verdrehte die Augen. Ungeduldig rief ich:
„Wer ist da?“
„Prinzessin Finara, ich bin es, Tinka.“
„...“
„Darf ich eintreten?“
„...in Ordnung.“
Ich öffnete die Tür, drehte mich sofort um und nestelte weiter an meiner Uniform. Eigentlich wollte ich mich ja bei ihr entschuldigen, aber irgendwie fehlten mir immer noch die richtigen Worte. Tinka neigte ihren Kopf, sah aber an mir vorbei. Wir benahmen uns lächerlich, schoss es mir durch den Kopf. Ich holte tief Luft, doch bevor ich etwas sagen konnte, hatte Tinka sich schon verbeugt und meinte:
„Prinzessin Finara, bitte entschuldigt mein unverschämtes Verhalten gestern.“
„Tinka, nicht nötig. Ich habe mich gestern einfach vergessen. Ich muss mich bei dir entschuldigen.“
„Nein, nein! Das müsst ihr auf gar keinen Fall. Ich habe mir zu viel erlaubt!“
Sie hob den Kopf. Ich kämpfte immer noch mit den starren Knöpfen der Uniform. Tinka lächelte und half mir die Jacke zu zuknöpfen. Sie hatte einfach die geschickteren Finger. Ich musste plötzlich lachen. Scheinbar war ich wirklich ein hoffnungsloser Fall. Tinka schaute erst überrascht, doch dann lachte sie auch. Die gespannte Atmosphäre löste sich in luftig-leichte Blasen auf und ich erzählte Tinka davon, dass ich vorhatte, mit Primm auszufliegen. Tinka nickte verständnisvoll, konnte es sich jedoch nicht verkneifen, mich an meine Pflichten zu erinnern. Ich verzog mein Gesicht, verkniff mir aber jeden Kommentar. Tinka machte nur ihre Arbeit. Wir verließen mein Zimmer in gelöster Stimmung. Leider konnte Tinka nicht mit zur Koppel kommen. Sie war dazu abkommandiert worden, in der Küche auszuhelfen und so ging ich die Treppe hinab zum Ausgang. Ich pfiff leise vor mich hin und konnte es kaum erwarten draußen zu sein. Es war schon länger her, dass ich so ein starkes Bedürfnis hatte raus zu kommen. Durch die Kleefelder streifen, mich um die Hummeln kümmern, mit ihnen spielen und kämpfen, den Wind dabei in den Haaren spüren, den Duft von Wildkräutern und satter Muttererde riechen und frisch gepflückte saftige Heidelbeeren und Sauerampfer schmecken. Ich spürte wie ich schon allein bei dieser Vorstellung Herzklopfen bekam. Ich musste mich beherrschen um nicht sofort loszurennen.
Ich traf Mutter in der Empfangshalle. Sie stand dort umringt von einer Schar mir unbekannter Feen und diskutierte lebhaft. Ich wollte mich schon an ihr vorbei schleichen, aber sie war schneller und packte mich am Gehrock meiner Uniform. Dann zog sie mich in die Mitte. Überraschte Blicke, und viele Ohhhs und Ahhhs. Dann nickten einige der Damen und begutachteten meine Uniform. Sie machten Bemerkungen über meine Figur und mein Erscheinungsbild im allgemeinen. Dann trat ein freundlich lächelnder Herr vor, kniete vor mir und neigte ehrerbietig seinen Kopf:
„Verehrte Prinzessin, es ist uns eine Ehre, dass ihre Majestät die Königin unsere bescheidene Seiden- und Geschmeidestätte Feuerling und Sohn dazu beauftragt hat, eure bevorstehende Hochzeit auszustaffieren. Ich bitte untertänigst um eure Erlaubnis eure Maße nehmen zu dürfen.“
Ich warf Mutter einen überraschten Blick zu, doch sie nickte nur freudestrahlend. Ich schloss kurz die Augen und in Gedanken ermahnte ich mich, geduldig zu sein. Dann lächelte ich ihn an, bedeutete ihm mit einer Geste, dass er sich erheben solle und sagte:
„Die Ehre ist ganz meinerseits, Herr Feuerling. Ich hörte schon von eurem Geschmeide-Handwerk. Es wird in ganz Grünhain gepriesen. Ich schließe daraus, dass ich in guten Händen sein werde.“
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie meine Mutter aufrichtig strahlte. Ich fand auch, dass ich mich ganz wacker schlug. Doch das Kribbeln in meinen Beinen, die einfach loslaufen wollten, ließ nicht für einen Moment nach. Ich bekam den Eindruck, dass ich mich wie eine Fremde von außen beobachtete, merkwürdig losgelöst von dem ganzen Geschehen um mich herum. Ich schluckte hart. Dann erinnerte ich mich wieder daran, dass diese Feen mich indirekt um einen Termin gebeten hatten. Wofür noch mal? Ach ja, richtig das Maßnehmen. Reiß dich zusammen, Finara!
Laut sagte ich:
„Für das Maßnehmen schlage ich vor, dass ihr euch übermorgen früh hier wieder im Schloss einfindet. Dann kann ich euch den gesamten Vormittag zur Verfügung stellen.“
Falls Mutter etwas dagegen hatte, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie strahlte weiter, so als ginge es um ihre eigene Hochzeit. Die Feuerling-Feen nickten alle begeistert und die Damen und Herren begannen mir reihum Fragen zu stellen. Dem Hüter sei Dank, hatte ich mir die Antworten schon vor ein paar Tagen zurecht gelegt: Aus was für einem Stoff das Kleid sein sollte, was ich für Vorstellungen über den zu tragenden Schmuck hatte, sollte es mit Schleier oder ohne, dafür aber mit Schleppe sein, oder beides?
Doch mein Kopf dröhnte bereits nach der dritten Frage und ich spürte wie mir der kalte Schweiß ausbrach. Das Kribbeln erfüllte nun meinen ganzen Körper, der Drang einfach wegzulaufen wurde immer stärker. Wenn das noch lange so ging, würde ich mich nicht mehr zusammenreißen können, doch Mutter stand mit glitzernden Augen daneben und klatschte begeistert in die Hände, während vor meinem inneren Auge, die Wandteppiche mit den Schlachtenimpressionen und dem abgeschlagenen Falken-Kopf mit den leeren Augen und der blutgetränkten Erde kamen und gingen. Ein Theaterspiel zur Beruhigung der Massen, schoss es mir durch den Kopf. Ich erwischte mich dabei, wie ich erneut darüber spekulierte, ob Prinz Weißfell genauso darüber dachte. Ich stellte mir vor, wie er einfach nur da stand und das ganze Prozedere regungslos über mich ergehen ließ, wie ich in diesem Moment hier. Spöttisch dachte ich, dass wir dann ja wenigstens eine Sache gemeinsam hätten. Gerade als ich befürchtete, dass ich es nicht länger aushalten würde, kam die Erlösung in Gestalt von Tinka, die hastig aus der Küche gerannt kam, sich durch die Feen zwängte und meiner Mutter etwas zuflüsterte. Ich hörte nicht was sie sagte, aber Mutter runzelte ungehalten die Stirn. Schließlich winkte sie resignierend ab, klatschte in die Hände und beendete diese ganze Farce. Ich starrte Tinka an, wie eine im Grünhainstrom ertrinkende Motte einen rettenden Strohhalm. Beim Hüter, sie kam wie gerufen! Ich seufzte unwillkürlich und fühlte wie mein Herz sich wieder beruhigte. Das Kribbeln ließ ein wenig nach. Ich bekam wieder Luft .Ich wollte mich gerade in Bewegung setzen, als Mutter meinem Ärmel ergriff. Sie zog mich in ihre Arme und drückte mich ganz fest.
„Ich bin so stolz auf dich. Ich konnte in dir schon die zukünftige Herrscherin unseres Volkes sehen. Das hast du gut gemacht.“
Ich erstarrte in ihrer Umarmung. Plötzlich erschien mir ihre Nähe unerträglich, die Wände der Empfangshalle schienen zusammenzurücken und mich einschließen zu wollen, meine Hände wurden feucht, das Kribbeln kam mit Macht zurück. Ich wand mich aus der Umarmung, murmelte etwas das wie ein Danke klang. Dann drehte ich mich um und rannte durch die Halle, als hätte man mir die Hornissen auf den Hals gehetzt. Ich konnte hier unmöglich bleiben. Obwohl ich darauf vorbereitet war, obwohl ich wusste, dass mein Leben genau so und nicht anders verlaufen würde. Aber mit dem Krieg im Hintergrund war das doch alles nur eine riesige Farce, eine Beruhigung für das Volk, ein Theaterstück für die Massen?
„Finara!“
„Prinzessin!“
Ich hörte Mutter und Tinka rufen, doch nichts konnte mich noch hier halten. Ich zwängte mich durch die Bediensteten, schmiss mich gegen die Pforte, rannte die steinerne Prachttreppe hinunter, schwang mich über eine Mauer und rannte bis ich hartes Seitenstechen bekam. Doch ich konnte die Koppel schon sehen. Und da! Da war meine Primm! Inmitten des in voller Blüte stehenden Klees, brummte sie zufrieden vor sich hin und als sie mich bemerkte, schwebte sie gelassen und majestätisch heran. Ich warf meine Arme um sie und vergrub mein Gesicht in ihrem weichen Flausch. Ich rieb mein Gesicht an ihrer Schulter. Ihr Brummen klang verhalten, als würde sie fragen, was denn mit mir los sei. Doch ich rieb einfach mein Gesicht weiter in ihrem flauschigen Fell, sog ihren süßen Honigduft ein und klammerte mich an sie. Primm ließ sich das gefallen, rührte sich nicht und brummte einfach ganz stoisch weiter. Es war so beruhigend ihr Brummen zu hören, sie zu fühlen und zu riechen. Ich schloss die Augen und jammerte:
„Primm! Primm, du bist die Einzige, die mich wirklich versteht. Ich wünschte ich könnte so sein wie du. Ich wünschte wir könnten hier einfach zusammen wegfliegen und nie wieder zurückkommen...“
(Fortsetzung folgt)
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