Update: Die Legenden von Grünhain - Kleefee und Kaninchenritter Kapitel 7
Ich grüße euch, verehrte (-r) Anonymous!
Und hier ist das von mir angekündigte 7. Kapitel meiner Fantasy-Novelle "Die Legenden von Grünhain - Kleefee und Kaninchenritter". Entschuldigt die kleine Verspätung, das Editieren hat einfach länger gedauert, als erwartet.
Dieses Kapitel ist ein kleines Danke schön für meine ersten 200 Follower auf meinem noch sehr neuen und semi-professionellen Twitter-Account.
Leider ist es auch die letzte freie Leseprobe meiner Novelle hier im Blog, denn ich strebe mit dieser Geschichte eine Verlagsveröffentlichung im kommenden Jahr an.
Ich hoffe sehr, ich konnte mit diesen kleinen Kapiteln euch ein wenig diese schweren Zeiten versüßen.
Falls es hier Mit-Leser*innen gibt, die Feedback geben wollen, gerne bitte per Mail an haschi1979@web.de. Nur nicht schüchtern sein, es kann nur ein bisschen dauern bis ich die Mails beantworte.
Und jetzt viel Vergnügen beim Lesen!
Die Legenden von Grünhain
Kleefee und Kaninchenritter
Kapitel 7
Im Labyrinth
Schmerz... Das Erste, was ich wahrnahm war Schmerz. Ein gleißender, stechender, alles übertönender Schmerz in meinem Rücken, der wie eine fiese Dornenranke über meine Schultern, Arme und Hals wucherte, mir gleichzeitig meinen Magen zuschnürte, während sich in meiner Kehle und auf meiner Zunge ein metallischer Geschmack breitmachte. Mein eigenes Stöhnen dröhnte mir in den Ohren. Der metallische Geschmack in meinem Mund verursachte mir Übelkeit und als ich unabsichtlich meinen Kopf bewegte, musste ich mich direkt übergeben. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich zwar meine Augen geöffnet hatte, aber dennoch war es trotzdem um mich herum merkwürdig schummrig. Ich blinzelte, während der Schmerz weiter durch mich hindurch tobte. Ich musste mir den rechten Flügel gebrochen haben... Meine Erinnerungen hatten Lücken: Ich wusste noch, dass ich mit Primm vor der Mordfliege geflohen war. Dann war Primm irgendwann einen Looping geflogen und ich war offensichtlich von ihrem Rücken gestürzt... und dann? Wo war ich jetzt?
Ich konnte mich nur schemenhaft an Huflattich-Formationen erinnern, aber ich war nicht auf einer gelandet. Außerdem war es helllichter Tag gewesen und hier war es schummrig, fast dunkel. Oder hatte ich mir etwa die Augen verletzt? Behutsam hob ich meinen linken Arm, da diese Seite etwas weniger schmerzte und betastete mein Gesicht. Ich bewegte meinen Kiefer, befühlte Wangen, Stirn und tastete mir vorsichtig über die Augen, doch zumindest konnte ich keine offenen Verletzungen feststellen. Ich hatte mir scheinbar nur sehr heftig auf die Zunge gebissen, deshalb das Blut. Aber meine Kiefer, meinen Wangen und Stirn hatten anscheinend echtes Hüter-Glück gehabt. Wenn es also nicht an meinen Augen lag, warum war es dann so merkwürdig schummrig? Ich schaute mich, so gut es ging, um: Rechts und links von mir befanden sich, soweit ich erkennen konnte, Wände aus Erde. Ich versuchte angestrengt mehr zu erkennen und tatsächlich, konnte ich aus diesen Wänden Wurzelknollen herausragen sehen, verknotete, schemenhafte Gebilde, die wie groteske Fangarme aussahen... Ich schaute schnell weg.
Über mir befand sich ein rundes, helleres Loch. Ich stutzte. Das war doch eindeutig Sonnenlicht! Und dann traf mich die Erinnerung wie ein Schlag:
Ich sah mich selbst, wie ich von Primms Rücken fiel und wie ich in Zeitlupe an einem Huflattich-Blatt abprallte. Dann musste ich wohl in ein Erdloch gefallen sein. Beim Hüter! Ich hätte tot sein müssen!? Ich war ihm wirklich regelmäßige Dankesgaben schuldig... Ich spürte wie der tobende Schmerz etwas nachließ, aber es war eindeutig: Ich hatte mir meinen rechten Flügel gebrochen und saß in diesem verfluchten Erdloch fest. Konnte es noch schlimmer kommen? Hastig tastete ich nach meinem Schwert. Und noch mal Glück gehabt: Es hing noch an meiner Hüfte und auch meinen Dolch fand ich in meinem Gürtel. Ich war also nicht ganz wehrlos, doch da mein Flügel gebrochen war, konnte ich das Schwert nicht vernünftig benutzen. Blieb mir noch der Dolch, den ich notfalls mit links führen konnte. Doch das war alles, was von meiner Ausrüstung übrig geblieben war. Kein Rucksack, kein Wasser, keine Trockenfrüchte und ich konnte nicht genau sagen, wie viel Zeit vergangen war. Meine Situation sah nicht allzu rosig aus. Ich dachte kurz nach. Wir Feen konnten zwar durchaus ein paar Tage ohne Nahrung auskommen, aber ohne Flüssigkeit? In meinem Zustand? Wie eiskalte Schneeflocken ließ mich die nackte Angst frösteln. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Feenleben wirklich Angst. Und verletzt wie ich war, ohne Aussicht auf Hilfe, blieb ich schluchzend liegen.
Eine schöne zukünftige Feenherrscherin bist du, die einfach anfängt zu plärren, nur weil du dich selbst in eine unschöne Situation manövriert hast, du bist doch selbst schuld! Doch diesmal half mir das sich selbst ausschimpfen nicht mehr. Ich wollte nur noch nach Hause, mich entschuldigen, mich in Mutters Arme werfen, Vater um den Hals fallen, selbst Prinz Weißfell trotz Krieg ohne Widerworte heiraten und mit Tinka wieder in Honigtau baden, aber vor allem wollte ich, dass der Schmerz aufhört... ich weinte solange, bis ich erschöpft und leer einschlief.
***
Im Kaninchenbau herrschte Stille. Doch zwei Gangwindungen weiter, erklang ein sandig-knirschendes Schleifen in der Dunkelheit, dass langsam näher rückte.
***
Ich schreckte hoch, mein Herz raste und ich schnappte panisch nach Luft.
„Autsch!!“
Der Schmerz ließ mich auf der Stelle erstarren und ich erinnerte mich wieder: Ich war in ein Erdloch gestürzt und hatte mir den rechten Flügel gebrochen! Doch jetzt sträubten sich mir die Haare, während alles in mir danach schrie, wegzulaufen. Ich musste hier weg, ich musste hier weg... Ich knirschte mit den Zähnen, während ich den Schmerz so gut es ging ignorierte und zwang mich hoch auf meine Knie. Was war das für ein Geräusch? Ich horchte still und reglos in die Dunkelheit hinein. Es war mittlerweile nicht mehr nur schummrig, sondern stockdunkel. Da! Ein Knirschen, als würde Sand zermahlen, oder als würde etwas Schweres über einen sandigen Boden schleifen! Ich spürte, wie mir der kalte Schweiß die Stirn herunterlief und klebrige Spuren auf meiner Haut hinterließ. Bleib ruhig, bleib ruhig! Atme, atme, beim Hüter, atme gefälligst und das Wichtigste steh endlich auf!
Ich presste meine Hand auf meinen Mund und stand langsam auf. Der Schmerz brandete bis in meine Lungen und hätte ich die Hand nicht vor dem Mund gehabt, hätte ich geschrien, als wäre ich von einer Kriebelmücke gebissen worden. Übelkeit ließ mich torkeln, doch ich fand Halt an einer der Wände, die ich vorher wahrgenommen hatte. Aus den Tiefen der Dunkelheit kam dieses Schleifgeräusch immer näher, doch ich konnte nichts erkennen. Allein in dieser alles erstickenden Dunkelheit, stand ich zitternd wie ein Pusteblumenschirmchen im Sturm da und starrte in die Richtung aus der das Geräusch kam. Hier ein leichtes Knacken, dann eine Pause, dann wieder ein langgezogenes Knirschen. Pause. Dann ein sandiges Schleifen, Pause. Knirschen. Pause. Schleifen. Pause. Langsam formte sich, ohne das ich etwas dagegen tun konnte ein schreckliches Bild vor meinem inneren Auge: ein dicker, sich durch dunkle Löcher windender, haariger Körper, blinde Augen, ein mit spitzen Zacken besetztes Maul, große klauenartige Hände, wie Schaufeln... Beim Hüter! Bitte lass es kein Maulwurf sein, kein Maulwurf, bitte, bitte, bitte...
Das sandige Schleifen kam näher und näher bis es direkt neben mir war. In diesem Augenblick vergaß ich mich und zog mit einem verzweifelten Aufschrei mein Schwert, während der Schmerz in meinem Rücken explodierte, doch meine Angst betäubte das gleißende Ziehen und ich schlug wie von Sinnen zu. Ich fühlte wie meine Klinge auf eine wabbelige Oberfläche traf und ein Stück zurückprallte. Ich legte all meine Kraft in den nächsten Schlag und zog mein Schwert durch, wie es schien, eine gallertartige Masse. Etwas Klebriges spritzte mir ins Gesicht, doch ich ließ nicht nach, schlug und hackte wild um mich. Ein Gedanke schoss mir dabei durch den Kopf: Ich besaß keine Taktik, keine Würde, nur blanke Angst. Kommandant Leafus hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen...
„Finara, eine Klinge darf man niemals aus Angst gegen den Gegner richten, sondern nur aus Respekt vor dem gegnerische Können.“
Kommandant Leafus, dachte ich, während ich das Gefühl hatte, mein Schwertarm hätte sich selbstständig gemacht und schlachtete wie ein mechanischer Hebel von alleine weiter, ihr seid wirklich völlig weltfremd!!
Nach gefühlten Blütenstunden, sackte ich zu Boden, ich hörte kein Schleifen mehr, dafür fühlte ich heiße Klebrigkeit an mir und ich ertastete wabbelnde Massestückchen um mich herum. Aber ich war mir trotz der Finsternis sicher: Es war kein Maulwurf, dem Hüter sei Dank!. Doch mein Interesse herauszufinden, was ich hier genau zerhackt hatte, war gering und während ich mich langsam wieder beruhigte, kam der Schmerz mit aller Macht zurück und diesmal hielt ich den Schrei, der sich durch meinen Hals und meine verklebten Lippen presste, nicht mehr zurück.
***
Die Kaninchengarde, bestehend aus vier bis an die Löffel bewaffneten Wachen, die in den Außenbezirken des Baues gerade patrouillierten, spitzten gleichzeitig ihre Löffel und ein Soldat murmelte:
„Was war das für ein Schrei?“
„Wir sollten nachsehen.“
„Seid ihr sicher? Wir haben doch den eindeutigen Befehl nur hier am ersten Wall Wache zu halten. Der Schrei klang aber nach Wall Nummer Drei?“
„Aber was, wenn es wieder dieses widerliche Rattenvolk ist, das unsere Vorräte klauen will.“
„Oh, ein gutes Argument. Aber wir sollten zumindest die Form waren und Generälin Klingenohr informieren.“
„Wer erklärt sich bereit?“
„Hier, ich!“
„In Ordnung. Wegtreten. Der Rest kommt mit mir.“
Die Wächter zerstreuten sich. Einer machte sich auf, ihre Vorgesetzte zu alarmieren, der Rest organisierte ein paar Fackeln und setzte sich in Richtung Wall Nummer Drei in Bewegung.
***
Mir war klar, dass ich hier nicht bleiben konnte. Wer weiß, was sich sonst noch alles hier in diesem Erdloch verbarg. Doch die Lochöffnung über mir war mit meinem gebrochenen Flügel, unerreichbar. Also blieb mir nur eine Möglichkeit: Tiefer in die Erde, um dann hoffentlich schnell einen Ausgang zu finden. Ich tastete nach Schwert und Dolch und seufzte erleichtert als ich den Dolch an meinem Gürtel fand, doch es dauerte ein wenig, bis ich mein Schwert wiederfand, es lag ein paar Schritte neben mir, ich musste es nach dem Gemetzel einfach fallengelassen haben. Dann wandte ich mich in die Richtung aus der das Ding gekommen war und schleppte mich durch die fast stoffliche Finsternis. Entsetzt stellte ich fest, dass ich nicht in ein einfaches Erdloch gefallen war, sondern mich scheinbar in einem unübersichtlichen, unterirdischen Labyrinth befand.
Nachdem ich den Fehler begangen hatte, blind los zu wandern, hatte ich nach gefühlten zehn Gangwindungen jegliche Orientierung verloren. Mein Magen knurrte, mein Hals war ausgedörrt und ich konnte fühlen, wie die Gänge nicht an die Oberfläche, sondern immer tiefer in die Erde führten. Doch ich zwang mich weiter zu gehen. Ich wusste, dass wenn ich mich hier ausruhte, ich nie mehr weitergehen oder aufstehen würde. Verbissen tastete ich mich an den Wänden entlang und war fast dankbar für den stetigen Schmerz, der mich in der Dunkelheit daran erinnerte, dass ich noch eine lebendige Fee war.
Als ich eine weitere Kreuzung erreichte, konnte ich endlich einen leichten Luftzug spüren, der mir über mein verweintes Gesicht strich. Ich schnupperte unwillkürlich, es roch nach frischer Feuchtigkeit, ich zögerte keinen Flügelschlag und folgte dem Geruch. Meine ausgedörrte Kehle schmerzte und meine Zunge fühlte sich wie Pergament an. Die Aussicht auf eine Wasserquelle erschien wie eine paradiesische Verheißung. Nach zwei weiteren Abbiegungen, hörte ich stetiges Tropfen. Hastig tastete ich mich weiter und endlich fühlte ich auf und an meinen Fingern entlang rinnende, kühle Tropfen. Ich tastete mich noch ein wenig weiter und schließlich floss mir Wasser über die Hände. Ich hätte nicht gedacht, dass Wasser so gut schmecken konnte. Ich trank und leckte das Wasser von meinen Fingern, dann von der Wand, bis ich die Erde auf meine Zunge wieder ausspucken musste. Mit dem Wasser im Magen, ließ auch mein Hungergefühl ein wenig nach. Nicht aber meine allgemeine Schwäche. Ich wusste, dass ich mich ausruhen musste, aber allein der Gedanke hier in der Dunkelheit einzunicken, trieb mich weiter voran.
Das Wasser hatte mich beruhigt, aber die permanente Dunkelheit setzte mir ernsthaft zu. Die Schwärze in diesem Labyrinth hatte etwas hypnotisches. Wenn ich geradeaus schaute, bemerkte ich mit der Zeit bunte, helle schwirrende Punkte vor meinen Augen. Ich starrte diesen Punkten nach und wenn ich lange genug hinsah, glaubte ich Primm erkennen zu können. Primm, meine treue Kampfgefährtin. Ich betete inständig, dass es nur der Schock meines Sturzes war, der mir das unheilvolle Bild, wie Primm von einem schwarzen Schatten zerrissen wurde, vermittelt hatte. Primm, ich hoffe, du bist in Sicherheit, ich vermisse dich! Primm, ich wünschte du wärst hier. Ich schniefte und schleppte mich weiter. Doch nach mehreren Abbiegungen, stolperte ich plötzlich über eine Wurzel und fiel mit dem Gesicht flach auf den Boden. Ich riss mir Wange und Stirn auf und fühlte wie mir das Blut in die Augen lief. Ich fluchte. Dabei geriet mir Erde in den Mund. Ich spie sie aus, trotzig rappelte ich mich auf.
Meine Knochen ächzten und der Schmerz kehrte erneut zurück, doch schien er merkwürdig gedämpft. Vielleicht hatte ich mich auch nur an ihn gewöhnt. Schmerz bedeutete, lebendig zu sein. Noch. Ich bläute mir ein: Lebendig sein ist etwas Gutes. Ich schleppte mich weiter durch die nicht enden wollende Finsternis und ignorierte das Offensichtliche: Dass, wenn ich nicht bald wieder an die Oberfläche kam, ich hier unten sterben würde. Für den Rest der Welt unauffindbar. Es war sehr wahrscheinlich, dass sobald die Feen von meinem Verschwinden erfuhren, sie dem erstbesten den Krieg erklärten. Grünhain würde im Chaos versinken, da war ich fest von überzeugt, während sich die Schwäche, wie ein süßes Gift, in mir ausbreitete und mich lähmte. Ich lehnte mich gegen eine Wand und schloss die Augen. Ich merkte nur noch wie meine Knie unter mir nachgaben und ich die Wand hinunterrutschte. Danach wurde alles Schwarz.
***
„Hier! Hier her! Hier liegt jemand! Ich habe jemanden gefunden! Aber es ist kein Rattenpack!“
Hastige Schritte, kräftiger Brandgeruch, Waffen klirrten. Die Wachen wollten schon wieder umkehren, da sie seit dem Schrei, den sie vor ein einer guten halben Blütenstunde vernommen hatten, keine weiteren aus dem verlassenen Teil des dritten Walls gehört hatten, doch einer der Soldaten wollte ganz sichergehen. Er überprüfte einen längst nicht mehr benutzten Versorgungsschacht und tatsächlich fand er etwas oder besser gesagt jemanden.
„Es ist eine Feen! Informiert sofort Generälin Klingenohr! Schnell, beeilt euch! Sie könnte eine von den Spionen sein, von denen dieser Nimrol gefaselt hat!“
„Zu Befehl!“
„Na, das fehlt uns ja gerade noch... ausgerechnet dieses Feenvolk.“
„Rede nicht so abfällig. Du weißt, dass der Prinz bald eine heiratet.“
„Ich nenne das einen Fehler und ich lasse mir auch darüber nicht den Mund verbieten.“
„Sch... nicht so laut, da kommt die Vorgesetzte.“
Eine stattliche Kaninchendame in einer silbernen Rüstung mit einem Zweipfoter auf dem Rücken, betrat den Gang und die Wachen salutierten respektvoll. Niemand wollte sich ernsthaft mit dieser Vorgesetzten anlegen.
„Ich hörte, ihr habt einen Spion gefangen?“
„Jawohl.“
„Und? Tot oder lebendig?“
Die Kaninchendame, die auf den klangvollen Namen Klingenohr hörte, ließ sich in die Hocke und musterte das blutverschmierte Etwas auf dem Boden vor sich.
„Ein Mädchen? Sie gehört zu den Feen? Ja, ist ja offensichtlich mit diesem gebrochenen Flügel. Aber sie lebt. In Ordnung. Schafft sie in das Verlies, aber behandelt sie so gut, dass man ihr noch Fragen stellen kann. Schient den Flügel und gebt ihr was zu essen. Ich kümmere mich um den Rest.“
Sie richtete sich wieder auf, drehte sich ruckartig um und erteilte weiter knappe Befehle. Insgeheim war ihr beim Anblick der Fee mulmig geworden. Das Mädchen trug eine fein gearbeitete Lederrüstung und ihre Waffen waren von höchster Qualität. Außerdem war sie unter dem verkrusteten Gesicht außergewöhnlich hübsch, selbst für eine Fee. Aber auf ihren Waffen war kein Wappen oder ein anderes Statussymbol zu erkennen. Generälin Klingenohr verschränkte ihre Pfoten vor der Brust. Das war alles sehr merkwürdig. Warum sollten die Feen so kurz vor dem Arrangement eine Spionin schicken? Das machte keinen Sinn, denn das Abkommen beinhaltete selbstverständlich auch einen Teil zur Weitergabe von wichtigen Informationen im Bündnisfall.
„Ich sollte den Prinzen darüber informieren...aber wenn ich so an seine Launen denke...“
Klingenohr schüttelte ungeduldig den Kopf. Nein, sie hatte keine Wahl, sie musste den Prinzen von dieser Angelegenheit in Kenntnis setzen.
„Das arme Mädchen...ich denke sie hat nicht den leisesten Mümmler, worauf sie sich hier eingelassen hat...“
Langsam verließ die Garde mit der Fee den Gang und kehrte zum Hauptquartier im ersten Wall zurück. Dort angekommen, brachten sie die Fee fürs erste in einer einigermaßen sauberen Zelle unter. Der Garde-Kommandant brüllte seine Befehle durch die Gänge:
„He, du da! Du da, mit dem Hinke-Lauf!“
Ein schmales Kaninchen mit einer nervös zuckenden Nase, lugte hinter einer Ecke hervor:
„J-J-Ja, Kommandant?“
„Du hast gefälligst ein Auge auf die Neue da in der Zelle. Lass sie von einem Heiler untersuchen und gib ihr was zu essen sobald sie wieder aufwacht. Du berichtest mir von jedem Zucken, hast du verstanden?“
„Ja-w-w-ohl!!“
Kaum hatte das nervöse Kaninchen sein Jawohl gestammelt, drehte sich der Kommandant auch schon wieder um und stürmte Klingenohr hinterher.
Das nervöse Kaninchen betrat vorsichtig, aber neugierig, die Zelle.
Eine Fee, blutverschmiert und blass wie ein Knochen, wand sich im Delirium hin und her. Ihr blondes, langes Haar klebte in dicken feuchten Strähnen an ihrer blutverkrusteten Stirn und sie klapperte mit ihren Zähnen. Das nervöse Kaninchen streckte behutsam eine Pfote aus und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Sie war sehr schön. Trotz des Blutes im Gesicht. Ihre Nase, fein und gerade, gab ihr etwas Elegantes. Ihre dichten Wimpern betonten den Schwung ihrer Augen und ihre bleichen Lippen, ließen erahnen, dass sie eine Fee war, die viel lachte. Das nervöse Kaninchen konnte sich nicht sattsehen. Es hatte noch nie eine so schöne Fee gesehen. Es musterte sie noch eine Weile, dann drehte es sich zögernd um und verließ die Zelle. Es musste ihr helfen, auch wenn es noch nicht wusste wie. So ein schönes Wesen konnte doch nichts Böses im Schilde führen, nicht wahr?
Ende des 1. Aktes
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