Update: Die Legenden von Grünhain - Kleefee und Kaninchenritter Kapitel 5

Ich grüße euch, verehrte (-r) Anonymous!

Heute gibt es das Kapitel 5 meiner Fantasy-Novelle "Die Legenden von Grünhain - Kleefee und Kaninchenritter!"

Falls es hier Leser*innen gibt, die Feedback geben wollen, gerne bitte per Mail an haschi1979@web.de. 

Viel Vergnügen beim Lesen!


Kapitel 5

Aufbruch

… Es stank nach Blut, Verwesung und Tod. Falken, Ratten, Feen, Kaninchenritter, Hornissen kämpften miteinander, ganz Grünhain versank im Chaos. Eine Schlacht ohne Regeln, ein Krieg jeder gegen jeden. Selbst Bündnispartner fielen sich in den Rücken und schlachteten sich gegenseitig ab. Eine Flutwelle tiefschwarzen Hasses lag über den verbrannten Kleefeldern, Rauch verdunkelte den Himmel und das unerträgliche Kriegsgeschrei der Falken-Armee gellte einem in den Ohren … es wurde immer lauter... immer lauter... brachte den Boden zum erzittern und wurde noch lauter ...

Schweißgebadet fuhr ich hoch. Ich schnappte nach Luft und riss meine Augen auf, doch ich konnte nichts erkennen. So als hätte der Hass sich in meinen Augen festgesetzt und mir die Sicht genommen. Mein Herz raste, doch langsam lichteten sich die Schleier und ich konnte im fahlen Mondlicht die Umrisse meines Zimmers wahrnehmen: Der Schrank, der Tisch, mein Bett, die Bunterden-Fenster, mein Gepäck ... 

Ich schlug mir gegen die Stirn und tastete hektisch nach meinem Glöckchen-Wecker, der ununterbrochen weiter bimmelte. Doch der war von meinem Nachttisch gefallen, sein Läuten drang unter meinem Bett hervor. Schnell sprang ich aus dem Bett, legte mich flach auf den Boden, tastete nach dem Wecker und stoppte das Klingeln. Atemlos blieb ich liegen und betete zum Hüter, dass die Wachen draußen auf dem Flur nichts gehört hatten. Es verging eine ganze Weile, doch alles was ich hörte, war mein heftiges Herzklopfen. Auf dem Gang blieb alles still. 

Was war das nur für ein fürchterlicher Traum? Ich rappelte mich langsam wieder auf, schüttelte mich ein paar Mal und zog mich an. Ich hatte nicht mehr viel Zeit: Schon in vier Blütenstunden würde Tinka, mich wecken kommen. Bis dahin musste ich es schon bis zum Rand des Kleefeldes geschafft haben. Ich griff hastig nach meinem Feldrucksack und meiner Umhängetasche, dann öffnete ich leise meine Tür einen Spalt breit und lugte durch den Spalt. Laut des Wachplans, müsste gerade der Wechsel stattfinden, was bedeutete, dass ich nur zehn Blütenumdrehungen hatte um zu dem Geheimgang zwischen Küche und Speisekammer zu gelangen. 

Ich entschuldigte mich in Gedanken bei Tinka dafür, dass ich ihr nie von diesem Gang erzählt hatte. Aber diese zufällige Entdeckung, die ich vor einem Blütenzyklus gemacht hatte, war für mich so kostbar , dass ich sie wie meinen Augapfel hütete und obwohl Tinka meinen einzige Freundin hier im Schloss war, behielt ich das Wissen um diesen Gang für mich. 

Ich huschte so leise ich konnte den Flur entlang. Die dicken Teppiche verschluckten meine Schritte und zum ersten Mal war ich Mutter wirklich dankbar, dass sie diese Teppiche nicht nur aufhängen, sondern auch auf dem Boden verlegen lassen hatte. Ich huschte weiter ohne die Wand-Teppiche eines Blickes zu würdigen, bis zur Treppe. Hier wurde es ein wenig brenzlig, denn wenn jemand durch die Halle kam, würde man mich sofort sehen. Da die Treppe keine Deckung bot, musste ich schnell und lautlos sein. Doch plötzlich huschte ein Licht unten an der Treppe entlang. Ich ließ mich flach auf den Boden fallen und hielt den Atem an. Eine große Gestalt schlenderte gemächlich durch die Halle. 

Der Wachwechsel? Jetzt erst? Mist. Ich blieb liegen und beobachtete durch das Geländer, wie der Wachmann in aller Ruhe Richtung Küche schlenderte. Was wollte der da? Als er in dem Gang Richtung Küche verschwunden war, richtete ich mich vorsichtig auf. Ich musste wohl oder übel in dieselbe Richtung. Da ich nicht abschätzen konnte, ob der Wachmann wieder zurückkam, huschte ich so schnell ich konnte die Treppe hinunter und schlich mich auf Zehenspitzen in den Gang. Ich sah, dass Licht aus der Küche fiel und hörte wie der Wachmann vor sich hin pfiff. Gut, er rechnete also nicht mit Überraschungen. Der Geheimgang lag zwischen Küche und Speisekammer... 

Ich zögerte nicht länger und huschte weiter. Ich versuchte dem Lichtkegel auszuweichen, in dem ich einen kleinen Hüpfer machte. Kommandant Leafus wäre sicher stolz gewesen, wenn er mitangesehen hätte, wie ich unsere eigenen Wachen austrickste. Er hätte mir erst anerkennend auf die Schulter geklopft und mich dann vierzig Runden um den Schlossplatz gehetzt. 

Ich presste mich gegen die Mauer hinter der Küchentür. Ich hörte wie der Wachmann herum räumte. Gut, er war beschäftigt und damit abgelenkt. Jetzt kam der komplizierte Teil: Der Mechanismus mit dem ich den Geheimgang öffnen konnte, war ein leicht anders gefärbter Stein, den man sehr kräftig in die Mauer pressen musste. Das verursachte ein leises Knirschen in der Wand und die Küchentür stand offen. Die Alternative war allerdings, sich von dem Wachmann erwischen zu lassen, sobald dieser aus der Küche kam und die Tür wieder schloss. 

Für einen kurzen Moment wusste ich nicht, was ich tun sollte: Vielleicht doch erst mal zurück auf mein Zimmer? Aber ich hatte es schon bis hierhin geschafft. Vielleicht noch ein wenig abwarten und darauf hoffen, dass der Wachmann mich nicht entdeckte? Zu riskant. Ich atmete tief ein und aus, dann drückte ich den Stein mit aller Kraft in die Mauer. Das Knirschen gellte mir so in den Ohren, dass ich mich darüber wunderte, dass nicht das ganze Schloss davon erwachte. Der Spalt öffnete sich nur quälend langsam...

„Wer ist da?“

Oh nein, der Wachmann! Er hatte das Knirschen gehört und kam nun aus der Küche. Der Spalt war immer noch nicht breit genug, damit ich mich mit meinem Rucksack durch quetschen konnte.

„Ist da jemand?“

Ich hielt den Atem an. Der Wachmann trat ein paar Schritte auf den Flur, so dass ich seinen Rücken sehen konnte. Unwillkürlich presste ich mich enger in den Schatten der Küchentüre.

Bitte dreh dich nicht um, bitte dreh dich nicht um!

Der Wachmann schaute kurz nach rechts, doch dann zuckte er mit den Schultern, murmelte irgendwas von Mäusen und machte kehrt. Ich stand immer noch fest an die Mauer gepresst und wagte es nicht mich zu rühren. Endlich war der Spalt breit genug und mit zitternden Knien quetschte ich mich hindurch. Ich traute mich jedoch nicht, den Stein im inneren, der den Gang wieder verschloss zu betätigen, solange der Wachmann in der Küche blieb. Durch den Spalt spähend, wartete ich bis er die Küche verlassen hatte. Als er endlich weg war, stöhnte ich vor Erleichterung auf und ich drückte den Stein, der die Mauer wieder schloss. 

Ich holte eine Kerze aus meiner  Hosentasche und zündete sie mit meinem Puschel-Brenner an. Notdürftig erhellte die kleine Flamme den Gang vor mir, der sich in fünf Weinschnecken-Windungen bis zu den Hummel-Stallungen zog. Der Ausgang befand sich direkt hinter dem Stall, in dem sich Primms Box befand. Wenn ich Primm erst erreicht hatte, dann hatte ich es so gut wie geschafft.

Ich lief los, ohne mich noch einmal umzudrehen. Mein Schatten huschte über die Wand als hätte er ein unheimliches Eigenleben, die Luft war stickig und verbraucht. Ich blieb ab und zu stehen und lauschte , ob mir jemand folgte, aber ich erreichte unbehelligt den Ausgang. Ich erklomm die alte  Leiter und stemmte mich gegen die Klappe, die nach draußen führte. Mich empfing lauer Sommerheu-Duft und das friedliche Schnarchen der Hummeln drang an mein Ohr. In der Nähe zirpte eine Grille und der Wind pustete meine Erschöpfung davon. Nicht die Strecke war das Problem gewesen, aber die Luft in dem Geheimgang hatte mir mehr zugesetzt als ich gedacht hatte. Ich kletterte aus dem Schacht und schloss vorsichtig die Klappe. Ich befand mich direkt hinter Primms Stall. Ich rückte meine Sachen zurecht und löschte die Kerze. Das Licht des Vollmonds flutete über die Stallungen, so dass ich genug sehen konnte. Ich schlich mich in Primms Stall und öffnete leise ihre Box. Primm blinzelte, doch sie war wach, fast als hätte sie mich erwartet. Ich streckte meine Hand aus und sie tastete mit ihrem Rüssel darüber.

„Hallo, Süße.“, flüsterte ich. Primm wackelte mir ihren Fühlern, dann richtete sie sich auf und trank ihren Honigtopf leer. Ich bin bereit, wenn du es bist, schien sie zu sagen. Ich lächelte unwillkürlich.

„Dann lass uns los.“

Ich führte Primm in den Hof. Gerade als ich sie satteln wollte, wehte die Nachtbrise einen vertrauten Geruch heran: Klee und … Sonnenblumenduft ...

Ich drehte mich nicht einmal um. Ich sattelte Primm erst in aller Seelenruhe, lächelte dann und meinte laut:

„Hallo, Tinka.“

Im Mondlicht erschien eine schlanke Gestalt. Sie trug nicht ihre normale Dienstkleidung, sondern eine leichte Lederrüstung. Sie war also diejenige, die mich aufhalten sollte. Ich war nicht ernsthaft überrascht, nur maßlos enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass sie mir nicht ehrlich gegenüber gewesen war. Aber ich durfte mich nicht beschweren, ich hatte ihr ja auch einiges verschwiegen. Doch mein Entschluss stand fest und auch Tinka würde mich nicht aufhalten können. 

„Ich dachte mir bereits, dass ich eure Hoheit hier finden würde.“

„Ja, wenn mich jemand aufstöbern kann, dann du.“

Tinka lächelte dünn.

„Eure Hoheit, es war nicht nett von euch Geheimnisse vor mir zu haben.“

„Du bist nichts als ein treuer, abgerichteter Wachhund und tust nur deine Pflicht, nicht wahr? Warum hast du mir nicht deine Geheimnisse anvertraut?“

„...“

„Und jetzt hast du nicht einmal den Mut, dazu zu stehen.“

Tinka seufzte.

„Eure Hoheit, wie ich sehe, habt ihr euch nicht ein bisschen verändert. Idealistisch und naiv wie ihr seid. Eure Mutter hatte recht als sie mich beauftragte, an eurer Seite zu bleiben.“

„Also bist du wirklich nur ein treuer Wachhund.“

Ich spukte verächtlich. Also war das hier quasi eine „Stellvertreter-Farce“ und Tinka wurde vorgeschickt. Ich schüttelte fassungslos den Kopf.

Tinka ging nicht weiter darauf ein.

„Eure Hoheit, ich habe den Befehlt euch ins Schloss zurückzubringen.“

Ich musterte sie scharf, doch dann lachte ich. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach lachen!

„Und du glaubst wirklich, dass ich brav mit dir zurückgehe?“

„Nun,das hoffe ich, aber wenn ihr mir keine andere Wahl lasst ...“

Dann zog sie ihr Schwert.

„ ...Du willst also wirklich ernsthaft gegen mich kämpfen?“

Statt einer Antwort nahm Tinka eine Kampfposition ein.

„Tinka, das hier ist wirklich nicht nötig. Im Grunde wisst ihr alle noch nicht einmal was ich eigentlich vorhabe.“

„Wie gesagt: Eure Hoheit, ihr seid naiv und idealistisch. Eure Mutter kennt euch am Besten: 'Sie wird wahrscheinlich mit dieser wahnwitzigen Idee, mit den Falken Friedensverhandlungen anzustoßen, davon gelaufen sein, dieses dumme Mädchen.‘ Das ist es doch, nicht wahr, eure Hoheit?“

„Naiv und idealistisch also ... In Ordnung, wenn es nicht anders geht.“

Ich zog ebenfalls mein Schwert. In diesem Moment wurde mir klar, dass es hier nicht um eine banale Sache ging. Ich musste beweisen, dass meine Ideale weder dumm noch naiv waren. Ich stand hinter dem Primat der Diplomatie. Ich stand dazu, dass es merkwürdig war, dass scheinbar noch nie ein Bündnispartner ernsthaft versucht hatte mit den Falken zu verhandeln. Ich glaubte Tinka immer noch nicht, dass meine Eltern Unterhändler zu den Falken geschickt hatten und diese sie ohne anzuhören, getötet hatten. Ich war seit mehreren Jahren bei wichtigen politischen Entscheidungen meines Vaters dabei gewesen. Er hatte niemals Unterhändler losgeschickt! 

Ich spürte wie es anfing in mir zu brodeln. Na gut, wenn sie den echten Bruch wollten, dann sollten sie ihn bekommen. Und mit diesem Gedanken, schoss ich auf Tinka zu. Für einen Augenblick schien die Zeit stehen zu bleiben, dann prallten unsere Klingen funkensprühend aufeinander. Das Klirren durchdrang die Nachtruhe über den Stallungen. Ich sprang ein paar Schritte zurück und griff wieder an. Tinka machte eine Ausfallschritt und wirbelte zur Seite. Ich setzte ihr sofort nach, doch sie blockte meinen Angriff. Wir hatten beide dazugelernt. Der Mond sah stoisch herab, wie wir uns auf dem Hof duellierten. Keine von uns war bereit auch nur einen Moment nachzugeben. Unsere Schwerter prallten gnadenlos und immer schneller  aufeinander. 

„Eure Hoheit, ihr seid viel besser geworden.“

„Das kann ich nur zurückgeben.“

Tinka täuschte einen Angriff mit ihrer Schwertscheide vor und holte mit  ihrer Klinge aus. Ich sprang zurück, blockte ihre Scheide, und tauchte unter ihrer Klinge weg. Zugegeben, das war knapp. Ein paar meiner Haarsträhnen rieselten zu Boden. Doch ich tänzelte in einer eleganten Kurve weiter und rief:

„Tinka, ich habe keine Zeit für diese Spielchen. Ist das alles, was du kannst?“

Kommandant Leafus hatte mir vor ein paar Tagen eine neue Technik beigebracht, bei der man Schwert und Dolch gleichzeitig einsetzte. Ich musste Tinka besiegen, ich musste hier weg, wenn ich beweisen wollte, dass Frieden nicht nur bloßes Wunschdenken war! 

Ich drängte Tinka mit aller Kraft in eine Ecke zwischen den Stallungen. Als sie erkannte, was ich vor hatte, war es bereits zu spät. Ich stieß mich vom Boden ab, benutzte die Stall-Wand als Trittbrett, warf meinen Dolch auf Tinka, die diesen mit Leichtigkeit abwehrte. Doch darauf hatte ich nur gewartet: 

Mit meinem Schwert in der einen und der Scheide in der anderen Hand, ging ich blitzschnell zum Angriff über. Meine Klinge zischte an Tinkas Ohr vorbei, sie erstarrte und ich traf sie mit voller Wucht in den Magen. Tinka sackte lautlos in sich zusammen, ich fing sie auf bevor sie auf den Boden prallte. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich ganz außer Atem war. Ich hatte gewonnen. Ich sah auf Tinkas blasses Gesicht herab. Ich strich ihr kurz über die Wange, dann legte ich sie auf den Boden. Primm hatte genauso stoisch wie der Mond unserem Kampf zugeschaut. Ich nahm ihre Zügel und wollte mich schon auf ihren Rücken schwingen, als mir mein Dolch wieder einfiel. Ich tätschelte Primm beruhigend, dann holte ich ein Hummel -Lasso aus dem Stall, ging zu Tinka, die immer noch bewusstlos war und begann sie gewissenhaft zu fesseln. Leicht sollte sie es nicht haben. Ich lächelte müde. Dann hob ich meinen Dolch, der neben Tinka lag, auf. 

Das silberne Mondlicht verirrte sich auf die Klinge, in der sich meine Augen spiegelten. Große, klare, dunkle Augen blickten mir mit einer merkwürdigen Entschlossenheit entgegen. Ich griff den Dolch fester, beugte mich noch einmal über Tinka und schnitt ihr eine Locke ab. Jetzt waren wir quitt. 

Ich wandte mich um, rannte zu Primm, sprang in den Sattel und sie startete direkt in den sternenklaren Nachthimmel. Ich blickte noch einmal in Richtung Schloss. Es ragte dunkel, erhaben und still über dem Kleefeld auf. Bisher schien niemand etwas bemerkt zu haben, doch ich machte mir nichts vor. Meine Mutter würde sofort Alarm schlagen, wenn Tinka nicht binnen einer bestimmten Zeit zurück war. Bis dahin musste ich weit genug weg sein. Ich schaute wieder nach vorne und trieb Primm an. 

Zusammen sausten wir über das Wildblumenbeet, ließen die Hummel-Stallungen links liegen und machten uns auf den Weg, durch das Farn-Tal in Richtung Fichtenhain.

(Fortsetzung folgt)

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