Update: Verbesserte Leseprobe Kleefee und Kaninchenritter Kapitel 1

Ich grüße euch, verehrte*r Anonymous!

Heute bringe ich euch die verbesserte Leseprobe des 1. Kapitels von meinem Umwelt-Fantasy-Krimi Kleefee und Kaninchenritter.

Viel Spaß beim Lesen!

Kapitel 1

Herzlichen Glückwunsch zum Siebzehnten

Alles begann ausgerechnet an meinem Geburtstag. Doch als ich an jenem idyllischen Morgen im Frühsommer meine Augen aufschlug, konnte ich nicht einmal erahnen, was mir noch bevorstand.

Ich hüpfte, gut gelaunt und voller Tatendrang aus dem Bett, zog die luftigen Vorhänge aus weichem Seidenspinnergarn zurück, riss mein großes Bunt-Erden-Fenster auf und sog begierig die frische Morgenluft ein. Der klare Duft von Tau auf Gräsern, Kleeblättern und Glockenblumen wehte mir entgegen, die Sonne schien und unter meinem Fenster vollzog die Reiterschaft ihre Pflichtübung. Das Gebrumm ihrer Kampfhummeln hallte durch das ganze Schloss. Auf dem Fenstersims standen meine Blumenkästen, bestückt mit weißen Pfingstrosen. Ihr leicht süßlicher Geruch hatte ein paar Bienchen angelockt. Ich streckte behutsam meinen Zeigefinger aus und eine besonders dicke, gemütlich summende Biene ließ sich darauf nieder. Sie krabbelte erst hin und her und als sie meinen Kleeduft erkannte, hüpfte sie aufgeregt auf meiner Fingerspitze auf und ab. Mit ihrem Rüssel begann sie meine Fingerspitze abzusaugen, wie einen besonders leckeren Fruchtknoten. Ich schmunzelte.

Das kitzelt!“

Schließlich hopste die Biene von meinem Finger, schwang sich in die Luft, zog einen Kreis um mich und flog davon. Ich mochte Bienen. So flauschig und gelassen, wie sie waren, konnte sie anscheinend nichts und niemand aus der Ruhe bringen. Das genaue Gegenteil von mir. Ich seufzte leise, dann drehte ich mich um, ging zu meinem weißen, mit Blumenornamenten dekorierten, Kleiderschrank und nahm trotzig meine Uniform heraus. Wenigstens an meinem Geburtstag wollte ich mich frei bewegen können. Doch kaum war ich in die Hose geschlüpft, klopfte es laut an meine Tür.

Prinzessin?“

Ich bin wach. Komm rein, Tinka.“

Tinka war Mutters Kammerzofe und meine beste Freundin, auch wenn das halbe Schloss darüber die Nase rümpfte. Streng genommen war sie sogar meine einzige Freundin. Tinka trat ein und ich versuchte gewissenhaft zu ignorieren, was sie über ihrem Arm trug.

Prinzessin Finara, ihr wollt doch nicht etwa heute in eurer Uniform herumlaufen? Ihre Majestät, die Königin hat mir befohlen, darauf zu achten, dass ihr heute in eurem besten Festtagskleid erscheint.“

So, so. Mutter will mir also ausgerechnet an meinem Geburtstag vorschreiben, was ich anzuziehen habe? Das ist doch nicht ihr Ernst!“

Tinka nickte nachdrücklich und nahm mir die Uniformjacke aus der Hand, doch ich schnappte sie mir wieder zurück.

Auf gar keinen Fall werde ich dieses Kleid anziehen. Darin kann ich mich nicht ordentlich bewegen und Primm wartet schon auf mich. Ich habe heute so viel vor, da ist so ein Kleid viel zu unpraktisch.“

Ich sprang mit der Uniform durchs Zimmer, doch Tinka setzte mir direkt nach.

Prinzessin Finara, bleibt stehen. Bitte zieht euer Kleid an. Ich bitte euch. Was soll ich denn sonst ihrer Majestät sagen, wenn ihr nicht pünktlich und angemessen gekleidet im Festsaal erscheint?“

Tinka sah immer so niedlich aus, wenn sie sich aufregte. Ihre gerunzelte Stirn und ihre zuckende Nase ließen sie wie eine nervöse Spitzmaus aussehen. Milder gestimmt gab ich nach:

Ist ja gut. Gib schon her. Ich ziehe es an.“

Tinka kam zögernd näher und gab mir das klee-grüne, bauschige Seidenkleid mit dem Goldmuster. Ich nahm es, dann zwinkerte ich Tinka zu, machte einen Satz zurück und zog mir das Kleid hastig über die Uniformhose. Tinka schaute mich erst verdutzt an, doch als sie bemerkte, dass von der Hose nichts mehr zu sehen war, lachte sie und protestierte nicht weiter. Als ich fertig geschmückt und anständig dekoriert worden war, verließen Tinka und ich mein Gemach und gingen den langen, mit edlen Wandteppichen geschmückten, Korridor entlang. Meine weißen Schnürstiefeletten mit den kitschigen Schleifen klackten unangenehm laut auf dem Parkett. Ich hatte immer das Gefühl, dass dieses Geräusch mir eine besonders arrogante Aura verlieh, auch wenn ich mich sehr bemühte meine Füße ganz sanft aufzusetzen. Ich verzog unwillkürlich mein Gesicht und fluchte in Gedanken über die Fee, die solche Schuhe erfunden hatte. Um mich abzulenken, ließ ich meinen Blick über die Wandteppiche schweifen. Ich kannte diese Panoramen in und auswendig: Diese Teppiche erzählten die Geschichte meines Volkes, des Kleevolkes. Wie angeblich das Kleevolk aus Sternenstaub und Glockenblumensamen entstand, wie sie das Erste Feld besiedelten, wie die erste Herrscherdynastie entstand, welche Generation welche Errungenschaften hervorgebracht hatte. Und dann das, auf einem besonders prunkvollen, Brokat-Teppich: Der epische Konflikt zwischen meinem Kleevolk, den Kaninchenrittern - diesen faulen, notgeilen Böcken - und den Falken, den Herrschern über die Fichten. Dieser Krieg endete erst vor ungefähr dreißig Blütenzyklen, mit dem Bündnis zwischen Kleevolk und Kaninchenrittern und ihrem Sieg über die Falken. Seitdem herrschte Frieden in Grünhain. Mein Blick war, wie so oft, an dem Panoramateppich hängengeblieben, der die Unterzeichnung des Friedensabkommens darstellte: Die damalige Kriegsfürstin des Kleevolkes - Königin Helja - in Gold- und Silber auf dunkelblauem Hintergrund gewebt und General von Möhrus - nein, das war keine Scherz, er hieß wirklich so - neben ihr, mit elegantem Einpfoter. Sie hielten als Kriegstrophäe den Kopf des besiegten Falken-Generals, dessen Name mit den Zyklen verloren gegangen war, triumphierend in die Höhe, während hinter ihnen am Himmel Sonne, Mond und Sterne eine Ruhmeshymne sangen. Alles war so gearbeitet, dass, je nach dem, wie das Sonnenlicht in den Korridor fiel, die Figuren und Gestirne wie echt aussahen und dementsprechend funkelten und glitzerten.

Doch immer wenn ich hier vorbei kam, sah ich nur den abgeschlagenen Kopf des namenlosen Falken in den Händen der Sieger und meine Phantasie ergänzte, ganz von selbs,t die fehlenden Details: das getrocknete Blut, das die Erde unter ihren Füßen tränkte, die leeren, toten Augen des Kopfes, das Leid der Kriegsopfer, die Schreie der Verwundeten, verbrannte Erde, die letzten Gedanken der Soldaten bevor sie starben. Ich schüttelte meinem Kopf, um das beklemmende Gefühl loszuwerden. Nicht jetzt! Nicht heute! Heute ist mein Tag, mein Geburtstag! Heute geht es nur um mich und um niemanden sonst! Ich ging immer schneller, fing an zu laufen, machte am Ende des Korridors einen kleinen Hüpfer und rutschte das verschnörkelte Geländer der Prachttreppe hinunter.

Prinzessin Finara!“

Tinkas entsetzter Schrei, brachte mich zum Lachen, noch bevor ich unten angekommen war.Ich lachte immer noch als ich behände vom Geländer sprang. Mir war völlig klar, dass ich mich albern benahm, aber heute war mein Geburtstag und ich wollte diesen Tag so verbringen, wie sonst keinen. Immerhin war ich jetzt siebzehn! Ich strich mein Kleid wieder glatt und entdeckte, dass eine der Schleifen am Saum die Rutschpartie wohl nicht überstanden hatte. Traurig schleifte sie über den Boden. Tinka kam die Treppe hinunter gerannt, bückte sich hastig und nahm sich der Schleife an. Ich hatte keine Ahnung aus welcher Falte ihres Gewandes sie das Näh-Etui gefischt hatte. Ihre Gewänder waren wie eine andere Welt, in der allerlei mehr oder weniger Nützliches verborgen war. Ich malte mir aus, wie es wäre, wenn ich auf Blumenkelchgröße schrumpfen und in ihre Gewänder schlüpfen könnte.

Prinzessin, Prinzessin, Prinzessin“, murmelte Tinka resigniert und befestigte die Schleife wieder am Saum. Dann stand sie auf, steckte ihr Etui weg und schnippte mir mit ihrem Zeigefinger gegen meine Stirn.

Au!“

Ich rieb mir die Stelle und ärgerte mich über Tinkas befriedigten Gesichtsausdruck. Dann stemmte sie die Hände in ihre Seiten.

Wie oft habe ich euch schon gesagt, dass ihr das Geländer nicht herunter rutschen sollt? Stellt euch vor, ihr hättet euch verletzt oder das Kleid dabei ganz zerrissen.“

Habe ich aber nicht!“

Aber fast!“

Ach, Tinka...“

Nein, genug ist genug. Reißt euch wenigstens bis nach dem offiziellen Frühstück zusammen. Danach könnt ihr tun und lassen, was ihr wollt.“

Sie meinte es wirklich ernst?

Ich nickte widerwillig und gemeinsam durchquerten wir die Empfangshalle und steuerten auf den Thronsaal zu, in dem nach alter Sitte, das offizielle Protokoll-Frühstück stattfand.

Hast du die Schriftrolle?“

Tinka kramte hastig in ihrer großen Kleidertasche.

Aber ja! Wie konnte ich die nur vergessen!“

Sie gab mir die, mit einer eleganten Schleife zusammengebundene Rolle, in der meine erste offizielle Hof-Ansprache stand. Ich löste die Schleife, rollte sie auseinander und überflog sie. Als wir vor der mächtigen, zweiflügeligen Pforte mit den Reliefschnitzereien standen, salutierten mir die Wachsoldaten und ein Diener hastete in den Saal, um dem Herold meine Ankunft mitzuteilen. Ich wandte mich an Tinka und fragte:

Welcher Schreiberling hat das hier verfasst?“

Oh, Kommandant Leafus persönlich, wurde von ihrer Majestät, der Königin dazu beauftragt. Er hat sich wirklich redlich bemüht, findet ihr nicht auch?“

...“

Ausgerechnet der Kommandant unserer Palastgarde?! Ich musste mein Lachen so heftig unterdrücken, dass ich Seitenstechen bekam. Die Ansprache klang wie ein lyrischer Erguss aus dem letzten Blütenzyklus und war voller Tintenkleckser. Ich nahm mir also heimlich vor, diesen Text spontan umzuformulieren. Tinka warf mir einen fragenden Blick zu, doch ich schüttelte nur den Kopf und versuchte weiterhin krampfhaft nicht zu lachen.

Doch in diesem Moment dröhnte schon die Stimmer des Herolds aus dem Saal:

Ihre Hoheit, Prinzessin Finara.“

Langsam und würdevoll schwangen die beiden Flügel der Pforte auf, ich atmete tief ein und aus, dann betrat ich den Saal.

Das Sonnenlicht brach sich in den Bunt-Erden-Fenstern und blendete mich so sehr, dass ich mich beherrschen musste, um nicht unwillkürlich meine Hand vor mein Gesicht zu halten. Mir war, als würde der ganze Saal zu einem Gewirr aus Schatten, Raunen, Wispern und Geraschel zusammenschmelzen. Mir wurde schwindelig und ich hatte das Gefühl zu stolpern. Ich hasste solche Auftritte. Ich hasste dieses verdammte Protokoll, ich verabscheute diese Gefühl, nicht ich selbst sein zu dürfen.

Prinzessin Finara, ist mit euch alles in Ordnung?“

Die sanfte, tiefe Stimme direkt neben mir, war mir so vertraut, dass sie meine Erstarrung durchbrach. Ich blinzelte und spürte plötzlich, wie mich jemand stützte.

Kommandant Leafus?“

Besorgt musterte er mich und fragte erneut:

Ist mit euch alles in Ordnung? Ihr seid etwas blass.“

Ich zwang mich zu lächeln und nickte hastig.

Ja, alles in Ordnung. Das Sonnenlicht hat mich nur ein wenig geblendet. Ihr könnt mich wieder loslassen. Ich danke euch.“

Ich straffte mich und schimpfte in Gedanken mit mir.

Meine Eltern wussten genau, wie sehr ich solche offiziellen Empfänge hasste, aber ich war nun einmal die Prinzessin des Kleevolkes und eines Tages würde ich sogar Königin sein, es sei denn, unser Volk wünschte eine andere Regierungsform. Doch scheinbar fühlten sich die Kleefeen unter einer Erbmonarchie ziemlich wohl. Während ich mehr oder weniger in Gedanken versunken, den roten Teppich entlang lief, hatte das Palastorchester das traditionelle Geburtstagsständchen angestimmt und der Saal voller Hofstaat und Gäste wandte sich mir zu. Durch die Menge ging ein „Oh! Seht wie hübsch sie nur geworden ist!“ und ein „Ah, wenn sie doch nur meine Tochter wäre!“

Ich war eine begehrte Junggesellin und eine strategisch wichtige Partnerin. Viele der Familien machten sich große Hoffnungen, dass sie in einem Jahr zur Grünhain-Dynastie der von und zu Doldenstaubs gehören könnten. Ich ballte meine Faust und zwang mich aufrecht weiterzugehen. Ich heftete den Blick auf meine Eltern, die sich am Ende des Saales, am Kopf der großen aufwendig geschmückten Tafel befanden und mir aufmunternd zu zwinkerten. Ich nickte lächelnd nach allen Seiten, während mir die Musik in den Ohren dröhnte und die Gesichter der Anwesenden zu einer einzigen, undefinierbaren Masse zusammenschmolzen. Doch ich ging weiter, lächelte und winkte, lächelte und winkte, bis ich an der Tafel bei meinen Eltern ankam und Mutter mich umarmte:

Finara, mein Herz. Ich bin so stolz auf dich. Ich wünsche dir alles Liebe und Glück zu deinem siebzehnten Geburtstag.“

Sie ließ mich wieder los und wischte sich ein Tränchen von der Wange, während mein Vater wohlwollend auf mich herabsah. Die Menge im Saal klatschte begeistert und meine Eltern geleiteten mich zu meinem Platz. Dann begann der langweilige Teil. Alle Gäste und Familien machten ihre Aufwartung, überreichten Geschenke, bis Mutter plötzlich aufstand und drei mal gebieterisch in die Hände klatschte. Sofort wurde es im Saal mucksmäuschenstill, ich sah verwundert auf. Das stand nicht im Protokoll.

Sie schien eine Überraschung für mich zu haben, denn sie zwinkerte mir verschwörerisch zu, flüsterte ein paar Worte zu meinem Vater und der gab dem Herold ein Zeichen. Die Pforten zum Thronsaal öffneten sich. Neugierig lehnte ich mich vor. Ich konnte von meinem Platz an der Tafel nicht genau sehen, wer eintrat, aber ich sah, wie sich die Menge respektvoll teilte und sich alle verneigten. Mutter eilte dem Gast sogar entgegen. Sie trafen sich in der Mitte des Saales und sie nahm etwas in Empfang. Es musste ein Botschafter sein. Aber wer würde es wagen, hier und heute unsere Zeremonie zu stören? Ich konnte nicht anders und erhob mich von meinem Stuhl, konnte aber nur noch einen flüchtigen Blick auf den Boten erhaschen. Aber ich hatte den Eindruck, dass er sehr lange Ohren hatte, einen militärischen Frack trug und hoppelte...HOPPELTE?

Ich blieb wie angewurzelt stehen. Ich kannte nur ein Volk, das hoppelte: Die Kaninchenritter auf der anderen Seite des Kleefeldes. Was wollten die hier? Zwar wusste ich, dass wir diplomatische Verbindungen zu den Kaninchenrittern pflegten, schließlich waren wir Verbündete. Aber ausgerechnet heute, an meinem Geburtstag? Ich presste meine Lippen zusammen und wartete ungeduldig darauf, dass Mutter endlich wieder zur Tafel kam. Doch was sie dann vor dem hier versammelten Hofstaat verkündete, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Wie konnte sie es wagen?


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